Der Vater des Computers kam aus Kreuzberg

Den heutigen Stand der Digitalisierung verdankt die Welt einem Deutschen: Der Kreuzberger Konrad Zuse war 1930 der Erfinder des ersten modernen Computers mit dem Namen Z1. Die Konstruktion des ersten Computers dieser Art gilt als digitaler Quantensprung, denn erst Zuse etablierte den modularen Aufbau rund um die CPU. Anlässlich seines 100. Geburtstags widmete das Berliner Abendblatt 2010 dem Erfinder des modernen Rechners ein Portrait.

Der erste Computer der Welt hatte keine Kabel

Ursprünglich wollte Konrad Zuse, geboren 1910, sich seinen Arbeitsalltag vereinfachen, indem er stupide Rechenaufgaben, die er als Bauingenieur erledigen musste, automatisiert lösen ließ. Heraus kam der erste Computer, der nach dem heutigen Baustein-Prinzip funktionierte. Im Gegensatz zu den damalig bisherigen Rechenmaschinen teilte sich der Z1 in verschiedene Module, namentlich:

  • das Steuerwerk
  • das Rechenwerk, heute auch als CPU bekannt
  • der Speicher
  • die Mikrosequenzen
  • die Gleitkommarithmetik

Dieser Aufbau bedeutete für damalige Verhältnisse einen Technologiesprung. Mit Hilfe des Computers gelang nun die automatische Auflösung komplexer Formeln und verketteter Rechenoperationen. Doch der Z1 konnte sogar noch mehr: Auch eine erste Programmierung auf Lochbändern war möglich. Als Ausgangsmaterial nutzte Konrad Zuse die Filmreste aus dem Papierkorb seines Onkels, der bei den UFA Filmstudios in Babelsberg arbeitete.

Angetrieben wurde der erste Computer der Welt übrigens von einem Staubsaugermotor. Dabei kam er völlig ohne Kabel zurecht. Konstruiert hatte Konrad Zuse das erste Modell im Wohnzimmer seiner Eltern in Kreuzberg, weshalb der Berliner Stadtteil heute als Wiege der Digitalisierung gilt.

Mit „Schaltalgebra“ zu vollautomatischen Rechenoperationen

Der erste Computer hatte ursprünglich die Ausmaße von drei Kleiderschränken und ist damit in seiner Größe mit heutigen Computern nicht mehr zu vergleichen. Doch für damalige Verhältnisse war die Technik revolutionär.
Grundlage für die Funktionsweise war das Dualzahlensystem von Leibniz sowie die Boolesche Algebra-Logik. Da Zuse die Boolesche Logik nicht kannte, taufte er die eintausend handgesägten Metallplatten, die den Computer steuerten, „Schaltalgebra“.

Diese handgesägten Metallplatten waren in der Lage, die Rechenoperationen vollautomatisch zu erledigen und konnten diese im Sinne der Booleschen Algebra durch „und“, „oder“ und „wenn-dann“ Funktionen miteinander verknüpfen. Die Zwischenergebnisse wurden auf dem Speicher gesichert, sodass der Rechner auf diese zugreifen und sie weiterverwenden konnte. Dabei schaffte der Z1 eine Addition pro Sekunde. Der Vergleich zu Chips aus dem Jahr 2010 verdeutlicht die Geschwindigkeit: 2010 waren etwa eine Milliarde Rechenoperationen pro Sekunde möglich. Doch allein die Vollautomatisierung der Rechnungen machte den Z1 zu einem Durchbruch.

Allerdings funktionierte der Z1 nie vollständig, weil die handgesägten Metallplatten zu schwerfällig waren. Die Grundstruktur jedoch legte den Grundstein für alle weiteren Entwicklungen der Informationstechnologie.

Mit „Plankalkül“ von Zuse KG zu Siemens

Konrad Zuse ließ die Weiterentwicklung seines Computers nie ruhen. Auf den Z1 folgte der Z3, beide wurden im Krieg zerstört. Im Z3 waren schon Telefonrelais verbaut, welche die Metallplättchen ersetzten. Die Telefonrelais selbst wurden schließlich durch Röhren und diese durch Transistoren ausgetauscht.

Zuse entwickelte außerdem 1945/1946 die erste Programmiersprache „Plankalkül“, weil die bisherigen Programmierfunktionen der entstandenen Technik nicht mehr gerecht wurden. Aus den Ambitionen folgte die Firmengründung der Zuse KG im Jahr 1949. Kunden des Vaters des Computers waren Krankenkassen genauso wie wissenschaftliche Institutionen oder Flurbereinigungsbehörden.

Nicht einmal 20 Jahre nach Firmengründung musste Konrad Zuse sein Vermächtnis aufgrund von Überschuldung aufgeben: Die Zuse KG wurde 1964 von Siemens übernommen und in den 1970er Jahren schließlich gänzlich aufgelöst. Zuvor konnte Konrad Zuse aber mit dem Graphomat Z64, einem vollautomatisierten Zeichentisch, eine weitere technologische Revolution auf den Weg bringen.

Was ist die Boolesche Algebra?

Die Boolesche Logik verknüpft zutreffende und nicht zutreffende Aussagen mit „und“ sowie „oder“. Sogar Kriminalbeamte arbeiten damit, wenn sie Verdächtige für ein Verbrechen ausschließen oder in Betracht ziehen wollen. Die Aussagen „Ja“ oder „Nein“ lassen sich mathematisch in „1“ und „0“ übertragen. In der Elektrotechnik würde dies den Zuständen „Schalter an“ und „Schalter aus“ entsprechen.